[REQ_ERR: COULDNT_RESOLVE_HOST] [KTrafficClient] Something is wrong. Enable debug mode to see the reason. Lieferketten unterbrochen: Wie massiv der Bahnstreik die deutsche Wirtschaft wirklich trifft – Neuigkeiten für dich

Lieferketten unterbrochen: Wie massiv der Bahnstreik die deutsche Wirtschaft wirklich trifft

Der Bahnstreik wirbelt ganze Lieferketten von Firmen durcheinander. Die Bahn muss bereits wichtige Ladungen an Kraftwerke, Autobauer oder Chemieanlagen priorisieren – aber nach drei bis fünf Tagen Streik werde es kritisch, warnt ein Verkehrsexperte.

Die gute Nachricht vorneweg: Niemand muss aktuell Klopapier oder Nudeln hamstern. Der sechstägige Bahnstreik wird die Wirtschaft zwar massiv treffen, aber die Deutsche Bahn ist optimistisch, dass die Regale in den Supermärkten voll bleiben. Zum Problem aber wird der Streik für die Industrie, deutlich spürbar bei Kraftwerken und Raffinerien, Chemiewerken und Automobilherstellern, die den allergrößten Teil ihrer Vorprodukte über die Schiene bekommen und die ihre Produkte darüber auch weiterschicken. 

Ein sechstägiger Bahnstreik bringt all diese Lieferketten durcheinander. Einen Notfallplan wie im Personenverkehr, wo etwa jeder fünfte Zug fährt, gibt es bei DB Cargo nicht. Dort wird gefahren, was am wichtigsten ist: „Wir priorisieren“, erklärt ein DB-Cargo-Sprecher. Wie genau das geschieht? Unklar. 

Wie systemrelevant der Schienenweg ist, verdeutlichen diese Zahlen: Bis zu 3000 Güterzüge schickt die Deutsche Bahn-Tochter Cargo tagtäglich über die Schiene. Sie versorgt Automobilhersteller mit Batterien und fährt Cola und Gummibärchen quer durch die Republik. Raffinerien füllen Diesel und Benzin in die Waggons. Auch die Versorgung der Ukraine mit Waffen läuft über den Schienenweg. 

Für sogenannte Massengüter wie Flüssigkeiten und Schutt ist es der wichtigste – manchmal sogar der einzige Weg. Ein Dutzend Kohlekraftwerke sind ausschließlich über die Schiene erreichbar. Und nur DB Cargo verfügt hier über geeignete Kohle-Waggons. Allein um einen Block eines Kohle-Kraftwerks am Laufen zu halten, braucht es zwei bis drei Güterzüge am Tag Nachschub. Zudem dürfen manche Gefahrengüter auch nur auf der Schiene transportiert werden. Das trifft dann vor allem die Chemieindustrie und ihre Kunden.

23: MegaBahnstreik der GDL Wirtschaft erwartet massive Schäden – 190be977e18dd04c

Kohle, Stahl und Wasser werden während des Bahnstreiks priorisiert

Zu den relevanten und deshalb priorisierten Transporten gehören Kohle, Stahl und Wasser für die Industrie. Tatsächlich redet DB Cargo mit jedem Kunden einzeln. Wer hat noch welche Vorräte auf Lager, wer kann schnell auf den Lkw umsteigen. Die Waren, die ohnehin vom Lkw auf den Zug verladen werden, bleiben gleich auf dem Lkw. Und die DB-Tochter Cargo fragt auch ihre Wettbewerber, ob sie aushelfen können. Rund 60 Prozent der Schienengütertransporte werden inzwischen von den Privatbahnen gefahren. „Wir fragen uns in jedem Fall, was ist resilienter: Zug oder Lkw“, so der DB-Cargo-Sprecher. Zwar streiken die Lkw-Fahrer nicht, aber der Fachkräftemangel dort sei enorm. 

Jeder Zug, der durchkomme, begrenze Produktionsausfälle und Schäden, heißt es bei der DB Cargo. Dort hat man bereits einen Tag vor Streikbeginn die Transporte runtergefahren, um zu vermeiden, dass verderbliche oder kritische Ware irgendwo strandet. Je länger nun der Streik dauert, umso schwieriger wird es. Dann leeren sich die Lager, gleichzeitig stapeln sich die Waren, die anderswo fehlen, was in der Produktion zu erheblichen Problemen führt. Eng getaktete Lieferketten in Deutschland geraten aus dem Tritt, bis diese wieder reibungslos laufen, dauert es dann. Nach drei bis fünf Tagen Streik werde es kritisch, urteilt Bahnexperte Christian Böttger, Professor für Verkehrswesen an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft. 

Wer profitiert vom Bahnstreik? 18.21

Schaden schwer zu beziffern

Wie hoch die volkswirtschaftlichen Kosten am Ende tatsächlich sein werden, lässt sich schwer kalkulieren. Die Schätzung des IW von rund 100 Mio. Euro am Tag und einer Milliarde Euro für den laufenden Streik basiert auf Annahmen von 2015, so IW-Infrastrukturexperte Thomas Puls auf Nachfrage. 

Gerechnet haben die Ökonomen seinerzeit mit einem täglichen Produktionswert im verarbeitenden Gewerbe von 3,2 Mrd. Euro, der zu einem Drittel über die Schiene läuft. Die Ausfallquote war auf 10 Prozent geschätzt. Damals gab es allerdings deutlich weniger Privatbahnen, die einspringen konnten, und die Ausweich-Kapazitäten waren geringer. Es ist eine grobe Annährung, so Puls. Sicher sei nur, dass „wir uns hochschaukeln, je länger es dauert.“ Sobald es zu Produktionsausfällen komme, streue es breit. Dramatisch werde es, wenn der Hamburger Hafen „volllaufe, also Schiffe nicht mehr abgefertigt werden können, weil sich die Containerzüge dort stauen. Dann wird es unkalkulierbar.“ Hinzu kommt, dass der Streik auch Nachbarländer tangiert. Denn sechs der zehn europäischen Schienennetze führen durch Deutschland. 

Helfen könnte DB Cargo, dass sich recht wenig Lokführer der Güterbahnen an den vergangenen Streiks beteiligt haben. Zum Problem könnte allerdings werden, wenn auch die Fahrdienstleiter in den Streik treten, was die GDL vorantreibt, um mehr Mitglieder zu gewinnen. Diese sind ebenfalls zum Streik aufgerufen. Fahrdienstleiter arbeiten in den Stellwerken der Bahn, sie organisieren dort den Zugverkehr und stellen die Weichen. Tritt ein Großteil von ihnen in den Streik, dann stünden auch die privaten Güter- und Personenzüge still.  

Noch aber rollen 60 Prozent des Schienengüterverkehrs wie üblich, so Peter Westenberger, Geschäftsführer der privaten Güterbahnen. Und die gute Streiknachricht: „Sie kommen wegen eines entleerten Netzes sogar häufig besser ans Ziel.“

Dieser Artikel erschien zuerst im Wirtschaftsmagazin „Capital“, das wie der stern Teil von RTL Deutschland ist.