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Fragen und Antworten: Mit Rechten reden: So bereiten Sie sich auf eine Diskussion vor

Diskutieren mit Menschen rechter Gesinnung – ist das überhaupt möglich? Kommunikationsexperten geben Tipps für konstruktive Gespräche.

Es war ein ganz normales Gespräch – bis der Bekannteplötzlich darüber sprach, dass die Kinder künftig nicht mehr auf dem Spielplatz gehen könnten, weil am anderen Ende des Ortes eine Unterkunft für Geflüchtete entstanden war. „Das kam sehr überraschend für mich, weil ich die Person bisher anders eingeschätzt hatte“, erinnert sich Helga B. Gundlach. Viel Zeit zum Reagieren blieb ihr damals nicht, ererzählte weiter, sprang von einem Thema zum nächsten. „Die Person hat mich sehr vereinnahmt, und ich dachte nur: ‚Hilfe, kann mir jemand helfen?'“

Heute weiß Gundlach: Das war Parolen-Hopping; eine Methode, mit der ein Gesprächspartner in einem schnellen Themenmonolog mit politischen Ansichten bombardiert wird. Eine Strategie, die Personen mit rechtsextremen Ansichten gerne nutzen, um anderezu überfordern, zu vereinnahmen und zu beeindrucken. PAID Das rechte Netzwerk der Desiderius-Erasmus-Stiftung 17.10

Nach dem Vorfall hat sich Gundlach mit Situation auseinandergesetzt. Heute ist sie Kommunikationscoach und bietet Seminare und Workshops an, in denen es genau darum geht: Reden mit Rechten. Die tummeln sich nämlich nicht nur auf Demos und in bestimmten Netzwerken. Auch bei der Arbeit, in der Familie, im Freundes-, Bekanntenkreis oder beim Sport können politische Diskussionen ausarten. Wie geht man am besten damit um? Ein paar Tipps und Tricks:

Wie argumentieren Rechte?

Wer über politische Ansichten diskutieren möchte, sollte zunächst wissen, wem er gegenübersteht. Rechtspopulisten behaupten meist, den „Willen des Volkes“ zu vertreten – geben sich somit als „volksnah“. Betont wird dabei auch immer die Andersartigkeit von Minderheiten und Menschen mit Migrationshintergrund. Komplexe Sachverhalte werden vereinfacht wiedergegeben, sowohl inhaltlich als auch sprachlich.

Ängste, Sorgen und Nöte der Bevölkerung dienen als Grundlage, um Untergangsszenarien zu entwerfen und sich selbst als Alternative, Lösung oder Retter zu inszenieren. Rechtspopulistische Aussagen basieren dabei nicht immer auf empirischen Daten (Mehr zum Thema Thesen kontern im Faktencheck). Rechten geht es vielmehr darum, bestimmte Bevölkerungsgruppen emotional anzusprechen – vorzugsweise dann, wenn keine Rechtfertigung erwartet wird, und sie sich als „Volksversteher“ inszenieren können. Darüber hinaus gibt es weitere Hinweise, die darauf hindeuten, dass eine Person rechts gesinnt sein könnte: PAID SI2 IV Extremismusforscher Rathje6.14

Verallgemeinerungen, Framing und Stereotype: Komplexe Themen werden verallgemeinert. Beispiel Migration: Statt über einzelne Migranten wird über Flüchtlingsströme gesprochen, um eine vermeintliche Gefahr zu betonen, die von den Menschen ausgehe. Ihnen werden zudem Eigenschaften zugeschrieben, die nicht auf alle zutreffen.

Parolen-Hopping bezeichnet ein Gesprächsmuster, bei dem eine Person innerhalb kürzester Zeit von einem Thema zum nächsten springt. Von der Abneigung gegenüber Transpersonen geht es direkt zu der Gefahr durch Geflüchtete, die von Geldern profitieren, die an anderer Stellefehlten, etwa in Schulen oder in der Landwirtschaft, bis hin zum menschengemachten Klimawandel, den es so gar nicht gebe. „Mit der vermeintlichen Bandbreite an Themen soll das Gegenüber beeindruckt werden“, erklärt Kommunikationscoach Gundlach.

Whataboutism und De-Railing werden genutzt, um vom eigentlichen Thema abzulenken. Das heißt,Gesprächspartner reagieren beispielsweise mit einer Gegenfrage oder greifen ein neues Thema auf, um die Diskussion auf ein anderes Gleis zu lenken.

Ethnisierung und Kulturalisierung: Dabei werden ethnische Gruppen auf- und / oder abgewertet. Bestimmten Minderheiten werden dabei Eigenschaften zugeschrieben (ähnlich wie bei der Stereotypisierung), um sie gegenüber einer Mehrheit (beispielsweise den deutschen Staatsbürgern) schlechter dastehen zu lassen.

Grenzen des Sagbaren verschieben: Manche Menschen stellen eine These auf oder geben eine Meinung ab, um sich direkt danach wieder dafür zu entschuldigen und einzuwerfen, dass man das so heute eigentlich nicht mehr sagen dürfe und es eigentlich auch nicht so meine. Die Einschränkungen sind allerdings nur vorgeschoben, das Ziel ist schon erreicht: „Die Botschaft wurde platziert“, sagt Gundlach.

Jemanden als Bühne missbrauchen: Bei dieser Strategie erzählt das Gegenüber eigene Geschichten und Argumente, gibt dabei dem Gesprächspartner aber kaum Möglichkeiten, sich zu äußern und zu positionieren. Es geht hauptsächlich darum, vom anderen bestätigt zu werden. „Lieber braun aufs Brot als braun im Kopf“: Jetzt hat auch Nutella sein Fake-Plakat gegen rechts_12.05

Lohnen sich Diskussionen überhaupt?

„Man sollte solche Aussagen nicht unkommentiert stehen lassen“, sagt Kommunikationstrainerin Gundlach. Denn Schweigen könne als stille Zustimmung gewertet werden. Es sei in jedem Fall sinnvoll zu reagieren. Selbst ein einfacher Widerspruch sei dafür ausreichend. Allerdings müsse man sich auch immer im Klaren darüber sein, mit wem man spricht. Handelt es sich um einen Sympathisanten oder jemanden, der sich in einem rechten Netzwerk bewegt? Wenn sich Personen nicht an Gesprächsregeln halten, ist eine Diskussion ohnehin so gut wie ausgeschlossen.

Oder trifft man auf eine verängstigte Person, die rechte Argumente und Thesen einfach wiedergibt? Mit diesen Menschen lässt es sich leichter diskutieren. Und: „Privat zu Hause bleibt einem immer noch die Möglichkeit, der Person zu sagen, dass sie sich in diesen Räumen nicht auf diese Art äußern soll“, betont Gundlach.

In öffentlichen Räumen sei es dagegen gar nicht so wichtig, die Person, die rechte Parolen äußert, zu adressieren. „Wichtiger sind oft umstehende Personen, die mitbekommen müssen, dass man eine diskriminierende Äußerung nicht schweigend teilt – egal ob in der Supermarktschlange, im Sportverein, bei der Familienfeier oder am Arbeitsplatz.“

Am Ende zählt, dass man sich überhaupt positioniert hat – frei nach dem Motto Erich Kästners: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“

Wie argumentiere ich am besten?

„Wenn man von rechten Thesen und Argumenten überrumpelt wird, helfen meistens zuerst die W-Fragen„, sagt die Kommunikationsexpertin. Auf die These „Migranten entfremden unser Land“ könnte man folgendermaßen reagieren: Wie kommst du darauf? Welche Erfahrungen hast du damit schon gemacht? Was macht dir Angst und hast du Lösungsvorschläge? Wo hast du das gehört, gesehen oder gelesen? Hier ist es sinnvoll, nach der konkreten Quelle zu fragen – „im Internet“ sei als Antwort nicht ausreichend.

Bei menschenfeindlichen und -verachtenden Aussagen rät Gundlach dazu, sich auf das Grundgesetz zu berufen. Dort heißt es nicht nur „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Das Gesetz schreibt auch vor, dass die Meinungsfreiheit so lange gewahrt bleibt, bis sie die Ehre einer anderen Person verletzt. „Hass und Beleidigungen sind aber keine Meinung und auch nicht vom Grundgesetz gedeckt, wie manche denken“, sagt Gundlach. Demo gegen rechts 18.05

Wer aus dem Stand keine schlagkräftigen Argumente aus dem Ärmel schütteln kann, solle sich eine gedankliche Auszeit nehmen. „Auf der Firmenfeier holt man sich dann beispielsweise ein Getränk oder schlägt vor, das Gespräch zu vertagen.“ Hat man keine Lust mehr auf das Gespräch, in dem man dem andern eher nur als „Bühne“ dient, solle man auch das offen, klar und ruhig kommunizieren. In jedem Fall sollten aber beide Gesprächspartner gesichtswahrend aus der Situation herauskommen. Wertschätzend, höflich und sachlich sollte das Gespräch immer bleiben. Auch wenn die Themen häufig emotional sind, sollte man den anderennicht bloßstellen oder beschimpfen.

Dabei könne es sinnvoll sein, Person und politische Ansichten zu trennen: „Man kann seinem Gegenüber mitteilen, dass man ihn oder sie als Person schätzt, aber die Meinung nicht teilt“, sagt Gundlach. 

Den Kontakt abzubrechen, sollte jedoch der allerletzte Ausweg bleiben. Personen wegen ihrer Gesinnung komplett auszugrenzen, könnte dazu führen, dass sie sich noch stärker rechten Netzwerken zuwenden. „Es wird so viel über Spaltung gesprochen, und die wollen wir nicht vertiefen.“ Gundlach rät dazu, das Thema stattdessen künftig auszuklammern oder gemeinsam mit dem Gesprächspartner zu überlegen, wie man damit umgehen möchte. Bericht Demo Hamburg 21.25

Lassen sich Rechte überzeugen?

Das kommt ganz darauf an. „Man sollte sich immer die Frage stellen, ob die Person noch erreichbar ist“, sagt Gundlach. Überzeugte Rechte und Nazis, die sich in entsprechenden Gruppen und Netzwerken bewegen, „lassen sich kurzfristig mit ein oder zwei Gesprächen nicht überzeugen“. Dass diese Menschen aus ihrem Netzwerk aussteigen, will die Kommunikationsexpertin aber nicht gänzlich ausschließen.

Einfacher dürften allerdings Mitläufer oder besorgte Personen aus dem eigenen Umfeld umzustimmen sein. Dort kann man schon in kurzen Gesprächen Überzeugungsarbeit leisten – auch wenn der Erfolg nicht immer sofort ersichtlich ist. Dass sich die Person direkt nach dem Gespräch bedankt und eingesteht, dass sich etwas an ihrer Haltung geändert hat, ist eher unwahrscheinlich.