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Prostituierten-Mord -: Rosemarie Nitribit, wie das Wirtschaftswunder der Liebe bestialisch ermordet wurde

Rosemarie Nitribitt arbeitet sich aus den Ruinen der Nachkriegszeit empor. Sie wurde eine Unternehmerin der Liebe und erfand die „Girlfriend Experience“ für die Bonner Republik. Durch ihren Tod wurde sie zu einer Legende.

Nina Hoss spielte Rosemarie Nitribitt. Die Schönheit das Schmuddelkind. Auf der Leinwand war Hoss schön strahlend und vital. So angelte sie sich die Berühmtheiten und die Wirtschaftskapitäne der 50er Jahre auf dem Bildschirm. Nichts an ihr erinnerte an die echte Nitribitt. Im Film wurde die Frankfurter Prostituierte von den tollsten Frauen gespielt, 1996 von Nina Hoss, 1958 von der damals schönsten Frau der Welt, Nadja Tiller. Auf den Fotos von Nitribitt gewinnt man einen ganz anderen Eindruck. Sie sah gut aus, aber vor allem sah man ihr die Not der Nachkriegszeit an, ein finsterer Lebenshunger strahlte in ihr. So wie sie gierig an ihrer Zigarette sog und stolz neben ihrem Mercedes 190 SL posierte. Denn das unterschied die Nitribitt von den versteckten Affären der Fünfziger. In Frankfurt war sie berühmt, sie war bekannt als DIE Nitribitt und hielt Hof wie eine große Horizontale aus dem Paris des 19. Jahrhunderts. Sie war so bekannt, dass eine Frankfurterin verlangte, Mercedes müsse ihren 190er umspritzen, denn sie werde in dem Wagen in einem fort von Männern belästigt, die sie mit der Nitribitt verwechselten.

Aus den Kellern der Nachkriegszeit

Rosemarie Nitribitt hatte es geschafft, aus den finstersten Kellern zu dem Wohlstandssymbol der 50er, dem Mercedes 190 SL. Mit fünf kam sie ins Heim, danach ging es zu Pflegeeltern. Mit elf wurde sie vom Jungen der Nachbarn vergewaltigt. Die Nachkriegszeit in Deutschland ist arm und hässlich, aber später hatte sie es geschafft. Die reichsten und berühmtesten Männer der Bonner Republik lagen der Nitribitt zu Füßen unter anderem: Harald Quandt, Gunter Sachs, Harald von Bohlen und Halbach.Werwolf 12.57

Schon der der Name war Dynamit. Eine Assoziationskette über den Sprengstoff Ekrasit, die heute niemand mehr versteht. Erich Kuby schrieb in der „Süddeutschen Zeitung“: „In der Tat würde dieser Sprengstoff mit dem Vornamen Rosemarie einen ansehnlichen Teil der westdeutschen Gesellschaft in die Luft sprengen, wenn es außer einer wirtschaftlichen Krise etwas gäbe, was diese Gesellschaft wirklich berühren könnte.“

Kuby schreibt im Jahr darauf den Roman “ Das Mädchen Rosemarie“ mit dem Untertitel: „Des Wirtschaftswunders liebstes Kind“. Er wird mit der Schönheitskönigin Nadja Tiller verfilmt und prägt, obwohl nur sehr lose an die echte Nitribitt angelehnt, die Wahrnehmung des Falles bis heute.

Der ganze Stolz des Wirtschaftswunders: Ein Mercedes 190.
© Ullstein Bild

Leiche in Verwesung übergegangen

Dieser „Fall Nitribitt“ beginnt am 1. November 1957. An dem Tag fanden Frankfurter Polizisten die berühmte Halbweltdame in ihrer Neubauwohnung. Auf dem Boden liegend mit blutverkrustetem Gesicht. Bis zuletzt muss sie sich gewehrt haben, am Ende vergebens. Ein Schlag oder Sturz auf dem Hinterkopf setzte sie kurz außer Gefecht, dann erdrosselte sie ihr Mörder.

Ein Prostituierten-Mord oder im Jargon der Zeit: ein Dirnenmord. Normalerweise wird so etwas schnell vergessen. Aber hier trafen zwei Besonderheiten zusammen. Zum einen waren da die illustren Kunden der Nitribitt. Und zum anderen war es der erste Mord, auf den sich die hungrige Skandalpresse der Zeit stürzte. Mit Wonne wurde über den Mord und mögliche Motive spekuliert. Und während die Presse genüsslich dieses Sittengemälde ausmalte, vermied man es, das Offensichtliche zu benennen. Anstatt von einer Prostituierten sprach man von einer „bekannten Erscheinung der Lebewelt“.

Das Wirtschaftswunder der käuflichen Liebe

Rosemarie Nitribitt war der unmoralische Spiegel der Wohlstandsjahre. Nach Haft und anderen Demütigungen beschloss sie 1953, den Weg zu gehen, den die ganze Republik einschlug. Diszipliniert zu arbeiten, sich fortzubilden – so wie es Hunderttausende taten, die außer Soldat und Töten nichts gelernt hatten.Gibbon Twins

Rosemarie Nitribitt arbeitet systematisch daran, eine große Prostituierte zu werden. Sie nahm Unterricht im Benehmen, lernte Englisch und Französisch. Vor allem aber investierte sie in sich selbst. Sie trägt maßgefertigte Kleidung. Dazu Schmuck und Pelze. Im Telefonbuch firmierte sie als Mannequin und ihr mondänes Auftreten erweckte bei ihren Kunden die Illusion der großen Welt.

Raus aus dem Mief der Nachkriegszeit wollte nicht nur die Nitribitt, das wollten auch ihre vermögenden Kunden. Anstatt der schnellen Nummer bot Rosemarie Nitribitt etwas, was man heute die „Girlfriend Experience“ nennt. Eine käufliche Freundin und Geliebte, die außer dem Geld keine weiteren Ansprüche stellte.

Zärtlich nannte einer ihrer Liebhaber sein „Rehchen“. Ihre größte Investition war ein Mercedes. Die Unternehmerin der Liebe hatte erkannt, dass es nichts einbrachte, wie all die anderen Mädchen am Straßenrand auf Freier zu warten. Die Nitribitt ging mit ihrem Mercedes auf Männerjagd. Ein Wild, das an solche Jägerinnen nicht gewohnt war, und sich von ihr willig zur Strecke bringen ließ.

Pannen-Prozess ohne Ergebnis

Der Mord an ihr schlug hohe Wellen, auch weil die Polizei keinen Täter ermitteln konnte. Schon zu Beginn waren die Ermittlungen von Pannen überschattet. Nicht einmal der Todeszeitpunkt konnte bestimmt werden, da die überforderten Polizisten die Fenster aufrissen, weil sie den bestialischen Gestank der Leiche, die mehrere Tag auf dem geheizten Boden lag, nicht ertrugen. Der dann festgesetzte Todeszeitpunkt war mehr geraten als exakt ermittelt.

Die Polizei präsentiert endlich einen Bekannten der Nitribitt als Täter, kann ihm außer auffälligen Geldbewegungen allerdings nichts nachweisen. Am Ende wird er aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Der Prozess platzte, als Zeugen angaben, die Nitribitt gesehen zu haben, als sie nach Ansicht der Polizei bereits tot war. Später verschwanden Beweisstücke, darunter Briefe und Fotos von der Nitribitt und ihren Kunden.Keeler

Sparsam und diszipliniert

Sie war sparsam, wenn nicht gar geizig. Angesichts der Reparaturrechnung ihrer Autowerkstatt soll sie sich unfreiwillig komisch lauthals beschwert haben: „Glauben Sie vielleicht, dass ich mein Geld im Schlaf verdiene?“ Noch im Tod bewies Rosemarie Nitribitt, dass sie keine Romantikerin, sondern eine Unternehmerin war.

Bei ihrem Tod sollen sich 20.000 Mark in bar in ihrer Wohnung befunden haben, auf dem Konto besaß sie 90.000. Wegen ihrer Figur und aus Prinzip sparte sie am Essen: Im Magen der berühmtesten Prostituierten der fetten Wirtschaftswunderjahre befand sich nur etwas Reis und sonst nichts.