[REQ_ERR: COULDNT_RESOLVE_HOST] [KTrafficClient] Something is wrong. Enable debug mode to see the reason. Demos gegen rechts: Wie kommt es zu den unterschiedlichen Teilnehmerzahlen? – Neuigkeiten für dich

Demos gegen rechts: Wie kommt es zu den unterschiedlichen Teilnehmerzahlen?

Fast eine Million Menschen gingen laut Polizei am Wochenende gegen rechts demonstrieren – oder waren es doch mehr? Dass die Teilnehmerzahlen so auseinander gehen, liegt an der Messmethode und an dem Signal der Zahlen. 

Waren es nun 50.000, 80.000 oder 130.000 Menschen, die sich am Freitagnachmittag auf dem Jungfernstieg in Hamburg versammelt haben, um gegen Rechtsextremismus und die AfD zu demonstrieren? So beeindruckend die Resonanz auf die Enthüllungen des Recherchemedium “Collectiv” ausgefallen ist, die Diskrepanz in den kursierenden Teilnehmerzahlen verblüfft. 

Die Zahlen, das belegen nicht zuletzt die absurden Fälschungs-Vorwürfe von Björn Höcke und anderen Stimmen aus dem rechten Lager, sind politisch. Umso wichtiger erscheint die Frage: Wie misst man eigentlich so viele Menschen auf einer relativ kleinen Fläche?

IV Sind die Weimar-Vergleiche auf den Anti-AfD-Demos gerechtfertigt? 18.03

Teilnehmerzahlen basieren auf Schätzungen der Gesamtfläche

Dafür gibt es verschiedene Methoden. Bei kleineren Demonstrationen kommt es tatsächlich vor, dass an den verschiedenen Zugängen händisch gezählt wird. Wenn sich ein Demo-Zug in Beweg setzt wird derweil vor allem die Reihenzählmethode verwendet. Bei dieser werden die vorbeiziehenden Reihen an Menschen mit einer Schätzung der Anzahl von Menschen einer jeden Reihe multipliziert. 

Versammeln sich jedoch viele Menschen an einem bestimmten Ort, wie am Wochenende vor dem Bundestag in Berlin oder auf dem Jungfernstieg in Hamburg, muss man auf eine Schätzung der Gesamtfläche zurückgreifen. Um auf die Gesamtzahl an Teilnehmenden zu kommen, wird die Anzahl der Quadratmeter mit dem Dichtewert multipliziert. Nach den Berechnungen des verstorbenen amerikanischen Journalisten Herbert Jacobs beträgt diese bei einer lockeren Aufstellung mit einer Armlänge Abstand zwischen diesen Personen ungefähr 1. Bei einem dichten Gedränge, wie beispielsweise auf einem Festival, wären es vier Menschen pro Quadratmeter. 

Kommentar Proteste 15.14

Beträgt eine Fläche beispielsweise 40.000 Quadratmeter, wie die Wiese vor dem Bundestag, kann man mit der geschätzten Dichte an stehenden Personen von circa 1,5 von einer Menge von ungefähr 60.000 Menschen ausgehen. Der Soziologe Stephan Poppe von der Universität Leipzig geht in einem Interview mit dem Deutschlandfunk aus dem Jahr 2020 davon aus, dass der Messfehler bei dieser Methode bei rund 20 bis 30 Prozent liegt. Gehen mehr Menschen demonstrieren, wird somit auch der eingerechnete Messfehler größer. 

Demozahlen sind politisch

Eine relative Größenordnung lässt sich also ziemlich sicher bestimmen. Und doch müssen besonders Medien mit den überlieferten Zahlen vorsichtig umgehen. In den meisten Fällen werden die Teilnehmenden von Polizei und Veranstaltern gezählt. Protestforscher wie Poppe schätzen diese Zahlen als wenig zuverlässig ein. Insbesondere die Veranstalter haben eine Intention, die Zahlen höher auszulegen. Je mehr Menschen auf einer Demonstration sind, desto entschlossener und nachdrücklicher wirkt schließlich das Protestsignal. 

Einen Lichtblick gibt es bei der Ungenauigkeit allerdings auch. In Zukunft werden wohl weder Bauchgefühl noch Flächenschätzungen Auskunft über Teilnehmerzahlen liefern, sondern Softwareprogramme. Durch Videomaterial von Drohnen könnten Ansammlungen genauer erfasst werden. Bisher werde dieses technische Verfahren noch nicht flächendeckend in Deutschland eingesetzt, erklärt Poppe im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. In zehn Jahren könnte dies allerdings durchaus der Fall sein, so seine Prognose. 

Quellen:Deutschlandfunk, Bayerischer Rundfunk