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Instagram-Trend: Wir sind alle Girlies – warum das Mädchenhafte gerade die Popkultur bestimmt

Sie tragen Schleifchen-Look auf Instagram, nennen sich „Mausi“ und rechnen sich mit „Girl Math“ das Leben schön. Warum das Mädchenhafte gerade die Popkultur bestimmt – und was das für erwachsene Frauen bedeutet. 

Welches Girl bist du? Das fragt das Internet aktuell täglich jede Frau zwischen 14 und 65: ein Vanilla Girl oder ein Lazy Girl, Tomato Girl oder Sad Autmn Girl? Ein Soft Girl oder ein Healing Girl?     

In viralen Trends werden gerade massenweise Girl-Identitäten zur beliebigen Auswahl entworfen. Für jeden Charakter gibt es das passende „Girl“ – eine Vorlage für die Lebensweise, mit der man sich am stärksten identifiziert. Ist man eher sanft oder kess, gemütlich oder ambitioniert, introvertiert oder sprudelnd? Mag man zu Hause lieber hellbeige Ordnung oder Hippie-Chaos? Dreht man auf Partys so richtig auf, oder liest man lieber samstagabends allein zu Hause „Harry Potter„? Steht man auf Erdbeer-Lipgloss oder Glitzerlidschatten? Es sind Nuancen, die darüber entscheiden, in welcher Girl-Rubrik man sich selbst einsortiert. Doch eigentlich geht es ohnehin um etwas ganz anderes – nämlich darum, dass überhaupt nur Girls als Relatability-Anker herhalten. 

Willkommen in der „Girl Era“, wie man in Anlehnung an Taylor Swifts „Eras Tour“ vielleicht sagen könnte. Die Sängerin hat sich schließlich mit 34 Jahren zur Schutzpatronin aller gefühlten Girls aufgeschwungen – mit glockenheller Stimme, Mut zum Kitsch und bunten Freundschaftsbändchen bei ihren Konzerten. Ihre Botschaft: Wir Mädels halten zusammen, zumindest in der Bubblegum-bunten Welt, die wir uns selbst erschaffen! Und in dieser Welt wird niemand erwachsen, es gibt nur Girls, die alle die gleichen Lieder schmettern („Shake it off!“) und die mit dramatischer Überhöhung und mädchenhaft-heiterer Sorglosigkeit zugleich auf ihr Leben blicken, wie man das eben eigentlich von 13-Jährigen kennt: Heute bin ich dieses Girl und morgen schon wieder ein ganz anderes, kein Problem, girls just wanna have fun.  STERN PAID 36_23 Wann ist ein Mann ein Mann? 1200

Das Girlietum bestimmt die gegenwärtige Popkultur mit einer zuckersüßen Penetranz, dass man fast schon Karies beim Zugucken bekommt. Angefangen hat alles mit dem „Barbie“-Film, der im Sommer 2023 in die Kinos kam. Greta Gerwigs feministisch angehauchter Reality-Check für die Puppe, die laut Werbeversprechen alles sein kann, was sie nur möchte, brachte eine Überdosis Pink auf Modelaufstege und in Instagram-Feeds – und die mehr oder weniger subtile Aufforderung, das Leben doch mal etwas lockerer zu nehmen. Das innere Barbie-Girl zu entdecken, das auf neonbunten Rollerskates durch die moderne Welt flitzt und dabei sämtlichen Hindernissen mühelos ausweicht. 

Wie viel Girlie-Eskapismus ist eigentlich noch erträglich?

Im Sommer konnte man dieser Attitüde noch ein fröhliches High-Five spenden. Aber im Jahr 2024 muss die Frage erlaubt sein, wie viel Girlie-Eskapismus noch erträglich ist. Denn die seltsame Obsession mit allem Mädchenhaften nimmt nicht ab. Im Gegenteil. 

Aktuell wird seit Wochen darüber diskutiert, ob „Girl Math“-Berechnungen auf TikTok nun herzig oder dämlich sind („Ich habe das Kleid nicht gekauft, also habe ich 200 Euro gespart“). Die neue Social-Media-Plattform Threads fällt vornehmlich dadurch auf, dass Influencerinnen ihre Followerschaft dort mit „Ihr Süßmäuse“ anschreiben. In der Mode prägen Labels wie MiuMiu, Simone Rocha oder die New Yorker Newcomerin Sandy Liang den „Coquette Girl Style“, der in diesem Jahr ganz besonders en vogue sein soll und der Lack-Spangenschuhe, Faltenröcken, Haarschleifen und weiße Strümpfe ganz selbstverständlich als Accessoires für erwachsene Frauen mit Budget für eine Designergarderobe vorsieht. Und im Kino kapriziert sich Sofia Coppola wieder einmal auf ihr Lieblingsthema – das verlorene Mädchen. In ihrem neuen Film „Priscilla“ guckt man einer Teenagerin dabei zu, wie sie in eine Ehe mit dem größten Star ihrer Zeit stolpert, Elvis Presley. Am Ende steht zumindest die angedeutete Emanzipation einer Frau, bis dahin aber inszeniert Coppola, mit vielen Schleifen, Rüschen und ganz viel Schminke dekoriert, das Wankelmütige, Unsichere, Unberechenbare, manchmal Übermütige ihrer Hauptfigur – das Mädchenhafte eben. 

Schon klar: Die stereotyp Bittersüße des Mädchendaseins, irgendwo zwischen Zopfgummi und Verzweiflung an der Welt, eignet sich perfekt als universelle Illustration von allem, was Menschen mit adoleszenten Höhen und Tiefen, Leichtigkeit und Härte verbinden. Kein Wunder also, dass sich die Popkultur immer und immer wieder an Girlie-Momenten abarbeitet – oder sie eben zum Zentrum des Schaffens macht. So wie die zahllosen TikTokerinnen, die Videos über Girls und ihre Eigenheiten wie am Fließband produzieren (das typische „Girl Dinner“: ein paar Cracker, ein bisschen Käse und ein Glas Wein). So wie Gen-Z-Popstar Olivia Rodrigo, die am liebsten über „Teenage Dreams“ und „Homeschooled Girls“ singt. So wie die Spice Girls, die ultimative Girlie-Band, die angeblich zum 30-jährigen Bandjubiläum einen Reunion-Auftritt plant. Oder so wie Comedian Tina Fey, die jüngst ein Remake des Teenie-Films „Girls Club“ auflegte – wie 2004 geht es auch 20 Jahre später immer noch darum, als Teenager-Mädchen die Balance zwischen niedlicher Angepasstheit und charakterreifender Rebellion zu finden. STERN PAID Taylor Swift17.22

Likeability ist eben die höchste Währung unter und für Girls. Gemocht und akzeptiert zu werden, darum geht es, wenn man genau hinguckt, bei jedem Girl-Motiv, ob im TikTok-Video, in der Mode oder im Kino. Und wenn man auf diesem Weg einmal ins Wanken gerät, nicht schlimm! Man ist ja nur ein Mädchen. Die Idee der harmlosen Unverantwortlichkeit begleitet jede Schleife, die man sich ins Haar knotet. 

Nichts gegen Schleifen, nichts gegen mehr Albernheit im Erwachsenenleben, nichts gegen Rosa als Kontrastfarbe zu patriarchalen Verhaltensweisen. Aber ob die Girl-Logik, sämtliche Herausforderungen des Lebens als neckischen Gag zu verbrämen, sich im wahren Leben so gut bewährt, das sei doch mal dahingestellt. Zumindest dürfte der Boomer-Chef irritiert sein, wenn man mit der Begründung, sich gerade in der Lazy-Girl-Phase zu befinden, eine Vier-Tage-Woche einfordert. Die Überzuckerung, die das Girl-Motiv für die Popkultur so attraktiv macht, ist genau das, was das Konzept im echten Leben an die Grenzen bringt. „I’m just a girl in the world, that’s all you’ll let me be“, sang Gwen Stefani schon 1995 über die Diskrepanz zwischen mädchenhafter Unbekümmertheit zum Gernhaben und dem Gefühl, genau damit in eine Sackgasse zu rennen – weil zu viel Girlie-Attitüde es schwer macht, mehr als genau das sein zu können.