[REQ_ERR: COULDNT_RESOLVE_HOST] [KTrafficClient] Something is wrong. Enable debug mode to see the reason. Fried – Blick aus Berlin: So hätten die Demos gegen rechts den größten Effekt – Neuigkeiten für dich

Fried – Blick aus Berlin: So hätten die Demos gegen rechts den größten Effekt

Die Demonstrationen gegen die AfD finden großen Zulauf. Doch die Kraft zur Mobilisierung ist begrenzt. Trotzdem kann die Demokratie profitieren. 

Wer hätte das gedacht? Die Teilnehmerzahlen bei den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und die AfD übertreffen alle Erwartungen. Bei der ersten Kundgebung in Berlin am 14. Januar staunten die Veranstalter nicht schlecht, als der Platz vor dem Brandenburger Tor wegen drohender Überfüllung abgesperrt werden musste. Nur eine Woche später fluteten die Menschen bereits das ganze Regierungsviertel. In Hamburg und München mussten die Kundgebungen wegen zu vieler Menschen abgebrochen werden, Zehntausende gingen auch in anderen Städten auf die Straße.

Neben den Berichten über ein Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam treibt viele Menschen ein Grundgefühl an, das weiter reicht. Der Aufstieg der AfD, der ungewisse Ausgang des Ukrainekrieges, die Unberechenbarkeit Wladimir Putins, der Krieg im Nahen Osten, der mögliche Wahlsieg von Donald Trump – es hat sich allerhand Ungemach angestaut. Nicht erst seit Corona ist man damit oft für sich allein geblieben. Das Gemeinschaftsgefühl der Demos verschafft nun Erleichterung durch die Erkenntnis: Vielen anderen geht’s wie mir.

IV Dante Scala    19.45

Man sollte diesen Effekt für die persönliche Seelenhygiene nicht unterschätzen. Er wirkt stimmungsaufhellend, was das Land bitter nötig hat. Doch der Enthusiasmus des Moments hat auch seine Grenzen. Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Demonstrationen große Wirkung auf die rechtsextreme Partei und ihre Sympathisanten entfalten. Die Dynamik des jüngsten Erstarkens der AfD nährt sich daraus, dass die Hürde der Unappetitlichkeit gefallen ist. Die Sympathie für die AfD wird nicht mehr im Verborgenen ausgelebt, sondern in aller Offenheit. In manchen Milieus hat das ein neues Gefühl der Zusammengehörigkeit geschaffen, das durch die Demos ihrer Gegner eher noch verstärkt werden dürfte.

Am Ende muss die AfD in der Arena der Politik bekämpft werden

Wenn man hinter den Demonstrationen eine neue Bürgerbewegung sehen will, so ist ihre Kontinuität weitaus unsicherer als bei denen, gegen die sie sich richtet. Mobilisierung für eine gute Sache ist viel anstrengender, als seinen Frust über die Verhältnisse in sozialen Medien auszuleben und das Sofa nur am Wahltag zu verlassen, um sein Kreuz bei der AfD zu machen.

Das Gemeinschaftsgefühl derer, die jetzt auf die Straße gehen, wird abebben, je deutlicher zutage tritt, dass man zwar geeint ist in dem, was man ablehnt, aber nicht in dem, was man erreichen will. Diese Unterschiede beginnen bei der Frage nach einem Verbotsverfahren gegen die AfD, das die einen unbedingt wollen, andere unbedingt nicht. Und sie hören damit nicht auf.

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Wegen der Remigrationsfantasien von Potsdam spielt die Zuwanderungspolitik eine dominante Rolle bei den Kundgebungen. In manchen Reden richtet sich die Kritik nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen die Politik der Ampelkoalition. Das ist legitim, übersieht aber, dass von ausnahmslos jeder anderen derzeit realistischen Mehrheit eine noch weniger liberale Zuwanderungspolitik zu erwarten wäre.

Bei aller Begeisterung über die Gemeinsamkeit des Augenblicks: Die Demokratie dient nicht dem persönlichen Glücksgefühl. Sie ist harte Arbeit. Den größten wünschenswerten Effekt hätten die Demos deshalb, wenn die Repolitisierung der Gesellschaft, deren Ausdruck sie sind, in neues Engagement für die Demokratie in ihren Gremien münden würde. Denn am Ende ist es die Arena der Politik, in der die AfD bekämpft werden muss. Regierung wie Opposition, die daran bisher gescheitert sind, können jede Hilfe brauchen.